Adrian Mayfield- Auf Leben und TodAdrian Mayfield steht vor den Trümmern seines Lebens. Nachdem Vincent Farley ihn aufgrund seiner Vergangenheit als Stricher aus dem Haus geworfen hat und die unschuldige Octavia Webb heiraten will, sinnt der Junge auf Rache. Dank des Strichjungen Nettles lernt er Lady Kinderly kennen, einen tuberkulosekranker Mann, der sich finanziell mit Kindesentführung und Erpressung über Wasser hält. Obwohl Adrian von den Aktivitäten der Lady nicht begeistert ist, ist er doch auf dessen Hilfe angewiesen. Insbesondere als Vincent mit Olivia nach Paris fährt, steht für den Jungen fest, dass er ebenfalls nach Frankreich muss, um seinen Geliebten zurückzugewinnen. Zusammen mit Lady Kinderly und den entführten Kindern, die in Paris an wohlhabende Familien verkauft werden sollen, reist er nach Paris. Doch seine Versuche mit Vincent zu reden scheitern. Zudem verhilft er den Kindern zur Flucht und schafft sie zu seinem alten Freund Augustus Trops, der sich nach den Wilde-Prozessen nach Paris geflüchtet hat. Damit rutscht Adrian tiefer in die Fänge Lady Kinderlys, die die erlittenen Verluste mit einer Erpressung Vincent Farleys ausgleichen will. Adrian, der durch eine Krankheit, die er für Tuberkolose hält, immer schwächer und geistig verwirrter wird, stimmt den Plänen der Lady zu, die Familie auf einem Ball öffentlich zu demaskieren. Doch Vincents Bruder Stuart setzt alles daran, um die Ehre der Familie zu schützen und schreckt dabei nicht einmal vor Mord zurück … Nach einer Wartezeit von fast zwei Jahren erschien im Sommer 2011 der letzte Band der Trilogie um Adrian Mayfield. “Auf Leben und Tod” endet dort, wo der zweite Roman “Versuch einer Liebe” endete und offenbart, wie die Liebe zwischen Adrian und Vincent endet und welche Folgen die Wilde-Prozesse auf das Leben der beiden haben. Mit knapp 600 Seiten ist das Buch spürbar länger als seine Vorgänger und schlägt deutlich düstere Töne an, als die beiden Vorgänger. Was sich zu Ende des zweiten Bandes bereits angekündigt hat, nimmt nun einen Großteil der Handlung ein. Adrians Hass und Rache bestimmen den Großteil der Geschichte und bilden die Grundlage für seine Handlungen. Floortje Zwigtman konzentriert sich fast vollständig auf Adrians inneren Konflikt, seinem Schwanken zwischen blinder Liebe und unendlichem Hass, versucht dem leser begreiflich zu machen, wie tief Adrian von Vincent verletzt wurde und wie extrem er auf sein Umfeld reagiert. All das erlebt der leser aus Adrians Sicht wie einen Fiebertraum. Einige Reaktionen der Protagonisten sind schwer nachvollziehbar, muten auf den ersten Blick womöglich sogar unlogisch an, doch sie passen zu Adrian und seinem unreifen Charakter. Erst gegen Ende des Bandes entwickelt er sich weiter, wächst an den Ereignissen (insbesondere als seine Familie herausfindet, dass er homosexuell ist) und findet wieder zurück in ein normales Leben. Im Gegenzug dazu bleibt Vincent Farley eher blass, da er im Vergleich zu Adrian stagniert. Er ordnet sich seinem Bruder unter, zieht eine Heirat in Erwägung um den Namen der Familie nicht zu schaden und wird deswegen von Adrian immer weiter in eine Ecke gedrängt. Seine Beweggründe werden leider nur in der Novelle „Kersenbloed” aufgeklärt, die nur in niederländisch erhältlich ist und dem Leser Einblicke in Vincents Schulzeit gewährt. Die neu eingeführten Charaktere, allen voran Lady Kinderly und Olivia Webb sind interessant und passen gut in das Gesamtbild des Romanes. Sie geben dem Buch die richtige Würze und treiben die Handlung bis zum großen Finale voran. Positiv ist, dass nahezu jede Figur, ob historisch oder nicht, noch einmal einen kleinen Auftritt erhält. Seien es nun Oscar Wilde, Bosie, Aubrey Beardsley oder Augustus Trops tauchen zumindest in einigen kurzen Szenen auf und zeigen, dass sich nicht nur Adrian verändert hat. Auch Bosie und Trops haben einen Teil ihrer Ansichten überdacht und sind neue Wege gegangen. Die Geschichte ist dieses Mal wesentlich dramatischer, dunkler und beleuchtet die Kehrseite der Medaille der Liebe zwischen Adrian und Vincent. Waren die ersten beiden Bände eher romantisch und teilweise liebenswert chaotisch, so ist „Auf Leben und Tod“ ernster und wirkt bedrohlicher. Diese schwere Kost mag nicht jedermanns Geschmack sein, insbesondere da sich etliche Passagen Adrians innerem Zerwürfnis und seinem, durch die Krankheit bedingten, wahnsinnigen Gedankengängen widmen. Teilweise zieht sich Adrians Kampf über mehrere Kapitel und man hätte hier durchaus ein wenig kürzen können, ohne die Handlung negativ zu beeinflussen. Dennoch wirkt der Roman in sich rund und liest sich sehr schnell und flüssig. Floortje Zwigtmans Stil ist einmal mehr mitreißend, sehr detailliert und lebendig. Es gelingt ihr die viktorianische Zeit lebendig zu machen und zeitglich Adrians innere Konflikte dem Leser näherzubringen. So erzählt sie sehr eindringlich, wie tief Adrian im Laufe der Zeit fällt und welche extremen Ansichten er mitunter vertritt, ohne dass es jemals unlogisch und nicht nachvollziehbar wird. Teilweise ist man zwar entsetzt, wie die Hauptfiguren reagieren und schüttelt innerlich den Kopf, doch niemals empfindet man die Ereignisse als vertörend oder unrealistisch. Vor dem Hintergrund des letzten Wilde-Prozesses und dem öffentlichen Hass
gegenüber Homosexuellen, erzählt Floortje Zwigtman das mitreißende Ende einer
Geschichte, voller Dramatik, Hass und Rachsucht. „Adrian Mayfield – Auf Leben
und Tod“ ist ein guter, solider Abschluss der Reihe, der zwar nicht ganz an den
ersten Roman herankommt, jedoch wesentlich spannender und in sich runder ist,
als der zweite Band.
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