Two Faces

“Two Faces” ist einigen Leuten noch als Manga von Animexx bekannt. Mit reinen Bleistiftseiten erreichte die Geschichte um Train und seinen Mathelehrer Aaron einen recht großen Fankreis, so dass eine Veröffentlichung nur eine Frage der Zeit war. So erschien zur Leipziger Buchmesse 2009 der Einzelband „Two Faces“ beim Verlag „Deliscious Works“, als eine der ersten Verlagsveröffentlichungen.
Dafür hat die Mangaka MIKA den Comic komplett neu gestaltet, getuscht und gerastert.


Jeder Schüler mag den neuen Mathelehrer Aaron Kuchio. Der 24-Jährige ist sympathisch, witzig und hilfsbereit. Nur Train Yagami kann den scheinbar harmlosen Brillenträger nicht ausstehen. Er mag eben diese nette Art nicht, das ständige freundliche Lächeln und die in seinen Augen übertrieben Höflichkeit.
Als Train eines Tages auf dem Nachhause weg ein Mädchen vor ein paar Schlägern retten will, wird er unfreiwillig Derjenige, der beschützt werden muss- und das ausgerechnet von Aaron. Sein Lehrer schlägt nicht nur die beiden Rowdys in die Flucht, er beweist plötzlich auch, dass er durchaus in der Lage ist sich gegen Angriffe zu wehren, ein Umstand der Train äußerst stutzig macht. Er beschließt seinem Lehrer auf den Zahn zu fühlen und tatsächlich scheint sich Trains Verdacht zu bestätigen- Aaron ist bei weitem nicht das, was er vorgibt zu sein.
Aaron ist nicht nur regelmäßig in Schlägereien verwickelt, er ist auch das genaue Gegenteil des netten, lieben Lehrers, der er in der Schule ist. Für Train ist klar, dass er ab sofort keine gespielte Freundlichkeit mehr haben möchte, sondern den richtigen Aaron kennenlernen will. Doch gerade das ist nicht so einfach, wie Train es sich vorgestellt hat- Aaron weigert sich nämlich permanent Train gegenüber sein wahres Gesicht zu zeigen. 

Nach und nach kommen sich die beiden unterschiedlichen Charaktere näher und Aaron fällt es immer schwerer seine wahre Natur vor Train zu verstecken, besonders da dieser Aaron dazu anstachelt die sorgsam gehegte Maske abzulegen. Aaron wird daraufhin Train gegenüber immer abweisender und versucht den Jungen von sich fern zu halten, was sich jedoch kaum realisieren lässt, da gerade jetzt Train versucht seinem Lehrer immer näher zu kommen. Als bei einer gemeinsamen Mathenachhilfe all die angestauten Gefühle aus Aaron herausplatzen, endet das Gespräch in einem Desaster. Bei einer erneuten Prügelei, in der Aaron scheinbar den Kürzeren zieht, bekommt er unerwartet Hilfe von Train. In dem darauf folgenden Gespräch küsst Aaron Train unvermittelt und stürzt den Jungen damit in ein Gefühlschaos, dass er nur schwer ordnen kann. Doch auch Aaron ist verwirrt und durcheinander, hat doch ausgerechnet Train seine persönliche Ordnung zerstört und sein inneres Gleichgewicht erschüttert.
Für Aaron scheint es nur einen Ausweg zu geben- er muss die Schule und die Stadt hinter sich lassen, um zu verhindern, dass weitere Leute von seinem Geheimnis und seiner zweiten Persönlichkeit erfahren…


„Two Faces“ ist schwer in Worte zu fassen. Die Geschichte selbst ist gar nicht so uninteressant. Die Idee eines zwiegespaltenen Charakters ist anregend, besonders die Einblicke, die in Aarons Seele gewährt werden sind gut und sensibel umgesetzt, so dass man sagen kann, dass diese kurze Episode das Highlight des Mangas darstellt. Auch Train hat durchaus seine Höhepunkte, besonders als unnachgiebiger und sturer Zeitgenosse, der sich nicht davon abbringen lässt, Aaron aus der Reserve zu locken und so die Geschichte voranzutreiben. Somit sind die Charaktere insgesamt betrachtet sehr interessant und faszinierend und tragen einen Großteil des Spannungsbogens.
Leider enden damit auch schon die positiven Aspekte des Mangas. Die Geschichte selbst ist leider reichlich verworren, so dass es schwer fällt der Handlung als solche zu folgen. Oftmals wiederholen sich Dialoge, so dass sich die Geschichte stellenweise in die Länge zieht, während sie an einigen Punkten deutlich zu schnell abgehandelt wird. So ist es für den Leser schwer, den Charakteren auf ihrem Weg zu folgen, zumal gerade am Ende der Geschichte vieles so schnell erzählt wird, dass man kaum noch folgen kann. Das ist sehr schade, weil dadurch viele interessante Ansätze einfach über den Haufen geworfen werden und die Problematik „Schizophrenie“ (und Aaron ist im Grunde schizophren) nur leicht angerissen wird. Es wäre gut gewesen, die Geschichte und besonders deren Höhepunkte im Vorfeld richtig durchzuplanen und somit die Spannungskurven wesentlich besser umzusetzen.


Die Zeichnungen sind das zweite große  Manko, was die Geschichte noch verworrener macht. Insgesamt sind die Seiten schlampig, ja fast schon lieblos gestaltet, so dass allein schon die Menschen vor Anatomie- und Perspektivfehlern nur so strotzen. Hintergründe gibt es nicht, die Zeichnungen sind mehr als flüchtig, fast schon skizzenhaft aufs Papier gebracht und an Dynamik mangelt es auf nahezu jeder Seite. Gerade die Kampfszenen kann man nur grob erahnen, da zumeist lediglich ein Arm gezeigt wird, oder alles aus einer Perspektive, die kaum offenbart, was überhaupt passiert. Somit kann man sich nur grob zusammenreimen, was von statten geht. Die Tuschearbeit und der Einsatz der Rasterfolien lässt ebenfalls erahnen, dass dieses knapp 200-seitige Werk in kürzester Zeit entstanden sein muss, ist die Strichführung doch sehr simpel gehalten und öfters nicht ausgearbeitet.


So ist „Two Faces“ nur eingefleischten Fans der Künstlerin zu empfehlen. Ich zweifle nicht daran, dass man mit mehr Zeit und einer saubereren Arbeitsweise ein durchaus gutes Werk hätte zustande bringen können, doch „Two Faces“ wurde eindeutig zu sehr „übers Knie gebrochen“. Einen Manga und das Zeichnen eines solchen braucht eben Zeit und sollte nicht in wenigen Monaten hingeschmiert werden.
Leider ist auch noch der Druck des Mangas ein wenig schief gegangen, so dass der Einband zwar deutsch, die Leserichtung aber japanisch ist. Zudem ist eine Seite doppelt vorhanden, eine andere fehlt dafür jedoch.


Für Fans von Mika zu empfehlen, wer deutsche Mangas sucht, sollte sich zuerst nach anderen Werken umsehen.


Like a Dream bedankt sich bei "Delicious Works" für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

 

Titel:

Two Faces
Zeichner/ Autor: MIKA
Genre: Alltag, School, Comedy
Verlag: Delicious Works, 2009
Preis: 6,00 Euro
ISBN: 978-3-9812807-0-8
Bestellen: Amazon

 

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