Férfiakt - Der nackte Junge

Tibor ist fast 50 Jahre alt und seine besten Jahre als Autor liegen hinter ihm. Zudem ist die Liebe zu seiner Frau ein wenig abgeklungen und es fällt ihm schwer seinem Leben eine entscheidende Wendung zu geben. In einer Buchhandlung lernt er kurz vor Ladenschluss den knapp 20-jährigen Zsolt kennen, der für ihn eine CD stielt, sich dafür eines der Werke Tibors signieren lässt. Zsolt scheint ein glühender Fan seiner Werke zu sein und da der Junge keinerlei Unterkunft zu haben scheint, nimmt Tibor ihn mit zu sich, immerhin ist seine Frau gerade mit ihrer Theatergruppe unterwegs.

In der Wohnung angekommen beginnt Zsolt sehr eindeutige Avancen zu machen, schließlich verführt er Tibor. Nach und nach entflammt Tibor immer mehr für den jungen Zsolt, der seine Gefühle leidenschaftlich erwidert. Zsolt verbringt die Nacht bei Tibor, doch da Tibors Frau am nächsten Morgen heimkommt, bleibt dem Autor keine andere Wahl, als sich von Zsolt zu trennen. Tibors Versuche die leidenschaftliche Affäre zu vergessen scheitern, zumal Zsolt nicht aufgibt und sogar bei Tibor auftaucht, als dessen Frau zurück ist.
Trotz der Probleme, die eine solche Beziehung mit sich bringt, kann Tibor nicht von Zsolt lassen. Heimlich treffen sie sich immer wieder; zumeist etwas abgelegen oder in der Wohnung von Tibors Freunden. Die Situation wird immer brisanter, insbesondere als Zsolt beginnt Tibor damit zu erpressen die Affäre öffentlich zu machen, was nicht nur das Ende von Tibors Ehe bedeuten würde. Tibor willigt ein Zsolt einen Geldbetrag in ein heruntergekommenes Appartement zu bringen, doch dort erwartet ihn nicht nur Zsolt, sondern eine Gruppe seltsamer Jugendlicher, die sich die Nächte mit Drogen um die Ohren schlagen. Als Tibor etwas in einen Drink gemischt wird und er von Zsolt unter die Dusche gelockt wird, überschlagen sich die Ereignisse. Doch auch seine Ehe entgleitet ihm, insbesondere als seine Frau ein neues Manuskript entdeckt, in dem Tibor die Liebe zwischen einem alternden Autor zu einer jungen Prostituierten schildert und darin markante Ähnlichkeiten zur Realität feststellt…

 

 

„Férfiakt – Der nackte Junge“ ist ein ungewöhnlicher, stiller Film, der nicht mit erotisch angedeuteten Szenen geizt. Es werden Vergleiche zu „Tod in Venedig“ von Visconti gezogen, doch diesen hohen Anforderungen wird der ungarische Film von Károly Esztergályos nicht gerecht. Sicherlich gibt es Gemeinsamkeiten, zumal sogar direkt im Film auf das Buch von Thomas Mann Bezug genommen, es sogar teilweise zitiert wird; in einem direkten Vergleich schneidet „Férfiakt“ jedoch deutlich schlechter ab. Dem Film fehlt es an Tiefgang und Konsistenz, ebenso an charakterlicher Entwicklung. Man kann teilweise Tibors Beweggründe und Motive nur schwer nachvollziehen, da er zu passiv bleibt. Bei „Tod in Venedig“ ist dies logischer, da der Protagonist aus Viscontis Film nur aus der Ferne den schönen Jüngling anhimmelte und auch aufgrund der gesellschaftlichen Konventionen des beginnenden 20. Jahrhunderts keine Liebesgeschichte anbahnen konnte. Bei „Tod in Venedig“ machen dieser Fanatismus und die Sehnsucht nach der Jugend den Reiz aus, bei „Férfiakt“ ist jedoch eine Beziehung vorhanden, was die Grundmotive ändert. Zudem passen die erotischen Szenen bei einem solchen Drama, das versucht literarisch wertvoll zu sein, nur bedingt. In der Handlung ist Zsolt der ausschlaggebende Faktor, der Tibor verführt und ihn später erpresst.

Tibor wirkt einfach zu schwächlich und passiv und damit auch zu unrealistisch. Mit 50 Jahren sollte doch mehr Weisheit vorhanden sein, auch wenn das eigene Leben in einer Krise steckt.

Aufgrund der vielen Wendungen innerhalb des Films, einiger Rückblenden und dem Versuch dem Film mit ungewöhnlichen Kameraeinstellungen und philosophischen Szenen, mehr Tiefe zu verleihen, ist „Férfiakt“ schwer nachvollziehbar. Die unklaren Verhältnisse zwischen Tibor und Zsolt sorgen dafür, dass kein Spannungspotential aufgebaut wird, sondern der Betrachter eher verwirrt ist. Der Film wirkt zudem etwas langatmig, da er versucht zu viele Handlungsbögen aufzugreifen. Durch die fehlende Charakterentwicklung bleibt auch die Handlung ein wenig auf der Strecke, insbesondere weil es keine Antworten gibt. Das Ende ist offen – man weiß weder was aus den Figuren wird, noch welche Beziehungen bestehen bleiben oder sich neu herauskristallisieren.

Schauspielerisch liefern die beiden Darsteller von Tibor und Zsolt eine sehr gute Leistung ab. Gerade dem Schauspieler von Tivbor gelingt es den Autoren trotz seiner kleinen unlogischen Eigenarten nachvollziehbar und realistisch in Szene zu setzen.


Insgesamt ein etwas langatmiger Film, der natürlich zusätzlich schweren Stand hat, weil er nur in ungarischer Originalfassung mit Untertiteln bei Profun Media erschienen ist. Wer Filme im Stil von Visconti mag und ungewöhnliche Geschichten und Figuren bevorzugt, kann einen Blick riskieren, sollte jedoch keinen klar strukturierten Film erwarten, der mit dem Vorbild mithalten kann. Schade, da geht einiges an Potenzial verloren…

 

Titel:

Férfiakt - Der nackte Junge

Produktionsjahr:

2006

Land:

Ungarn

Genre:

Drama

Dauer:

96 Minuten

Schauspieler:

David Szabo, Laszlo Galffi, Eva Kerekes 

Regie:

Karoly Esztergalyos

Preis:

9,99 Euro

Bestellen:

Amazon

 

Bildcopyright:
Die im Zusammenhang mit diesem Artikel verwendeten Bilder und Coverscans unterliegen dem Copyright von
Karoly Esztergalyos/ Pro-Fun Media.