Férfiakt - Der nackte JungeTibor ist fast 50 Jahre alt und seine besten Jahre als Autor liegen hinter ihm. Zudem ist die Liebe zu seiner Frau ein wenig abgeklungen und es fällt ihm schwer seinem Leben eine entscheidende Wendung zu geben. In einer Buchhandlung lernt er kurz vor Ladenschluss den knapp 20-jährigen Zsolt kennen, der für ihn eine CD stielt, sich dafür eines der Werke Tibors signieren lässt. Zsolt scheint ein glühender Fan seiner Werke zu sein und da der Junge keinerlei Unterkunft zu haben scheint, nimmt Tibor ihn mit zu sich, immerhin ist seine Frau gerade mit ihrer Theatergruppe unterwegs. In der Wohnung angekommen beginnt Zsolt sehr eindeutige Avancen zu machen, schließlich verführt er Tibor. Nach und nach entflammt Tibor immer mehr für den jungen Zsolt, der seine Gefühle leidenschaftlich erwidert. Zsolt verbringt die Nacht bei Tibor, doch da Tibors Frau am nächsten Morgen heimkommt, bleibt dem Autor keine andere Wahl, als sich von Zsolt zu trennen. Tibors Versuche die leidenschaftliche Affäre zu vergessen scheitern, zumal Zsolt nicht aufgibt und sogar bei Tibor auftaucht, als dessen Frau zurück ist.
„Férfiakt – Der nackte Junge“ ist ein ungewöhnlicher, stiller Film, der nicht mit erotisch angedeuteten Szenen geizt. Es werden Vergleiche zu „Tod in Venedig“ von Visconti gezogen, doch diesen hohen Anforderungen wird der ungarische Film von Károly Esztergályos nicht gerecht. Sicherlich gibt es Gemeinsamkeiten, zumal sogar direkt im Film auf das Buch von Thomas Mann Bezug genommen, es sogar teilweise zitiert wird; in einem direkten Vergleich schneidet „Férfiakt“ jedoch deutlich schlechter ab. Dem Film fehlt es an Tiefgang und Konsistenz, ebenso an charakterlicher Entwicklung. Man kann teilweise Tibors Beweggründe und Motive nur schwer nachvollziehen, da er zu passiv bleibt. Bei „Tod in Venedig“ ist dies logischer, da der Protagonist aus Viscontis Film nur aus der Ferne den schönen Jüngling anhimmelte und auch aufgrund der gesellschaftlichen Konventionen des beginnenden 20. Jahrhunderts keine Liebesgeschichte anbahnen konnte. Bei „Tod in Venedig“ machen dieser Fanatismus und die Sehnsucht nach der Jugend den Reiz aus, bei „Férfiakt“ ist jedoch eine Beziehung vorhanden, was die Grundmotive ändert. Zudem passen die erotischen Szenen bei einem solchen Drama, das versucht literarisch wertvoll zu sein, nur bedingt. In der Handlung ist Zsolt der ausschlaggebende Faktor, der Tibor verführt und ihn später erpresst. Tibor wirkt einfach zu schwächlich und passiv und damit auch zu unrealistisch. Mit 50 Jahren sollte doch mehr Weisheit vorhanden sein, auch wenn das eigene Leben in einer Krise steckt. Aufgrund der vielen Wendungen innerhalb des Films, einiger Rückblenden und dem Versuch dem Film mit ungewöhnlichen Kameraeinstellungen und philosophischen Szenen, mehr Tiefe zu verleihen, ist „Férfiakt“ schwer nachvollziehbar. Die unklaren Verhältnisse zwischen Tibor und Zsolt sorgen dafür, dass kein Spannungspotential aufgebaut wird, sondern der Betrachter eher verwirrt ist. Der Film wirkt zudem etwas langatmig, da er versucht zu viele Handlungsbögen aufzugreifen. Durch die fehlende Charakterentwicklung bleibt auch die Handlung ein wenig auf der Strecke, insbesondere weil es keine Antworten gibt. Das Ende ist offen – man weiß weder was aus den Figuren wird, noch welche Beziehungen bestehen bleiben oder sich neu herauskristallisieren. Schauspielerisch liefern die beiden Darsteller von Tibor und Zsolt eine sehr gute Leistung ab. Gerade dem Schauspieler von Tivbor gelingt es den Autoren trotz seiner kleinen unlogischen Eigenarten nachvollziehbar und realistisch in Szene zu setzen.
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