Hexenblut (Gastrezension: Tanja Meurer) 

 

Das Mädchen Suska möchte ein Junge sein.
Aber das ist nicht so einfach!
So der schlichte, klare Klappentext. Er fasst den Inhalt gut ein, denn es geht um Suska, die von Anfang an Schwierigkeiten mit ihrem Körper hat.

 

Die Graphic Novell beginnt mit Suskas Geburt und dem Hinweis, dass sie möglicherweise mit beiden Geschlechtsmerkmalen auf die Welt kam. Nach einem schnellen Eingriff wird sie ihrer Mutter gebracht. Als diese Blut in der Windel ihres Kindes wahrnimmt, kommentiert die Schwester kühl, dass es sich um Hexenblut handele.
Der Comic erzählt in Sprüngen durch die ersten Jahre bis zur Schulzeit, wie stark Suska gegen das Mädchenschema Prinzessin zu kämpfen hat und instinktiv schon im Kleinkinderalter eher als Junge anerkannt werden will. Über die Schulzeit bildet sich der Unwillen Mädchen zu sein nur noch stärker aus, was sie zur Außenseiterin macht.
Trotz allem findet sie eine Freundin, die die ersten Jahre und vor allem auch die beginnende Pubertät mit ihr durchsteht und zu einer engen Vertrauten wird.
Suskas Sexualität kommt das erste Mal ins Straucheln, als sie während einer Fahrradtour mit campen ein lesbisches Paar trifft. Danach steht definitiv fest, dass sie so nicht mehr weiter machen kann. Aber zu Anfang findet sie nur bei ihrer Freundin gehör …

 

Suskas Lötzerich erzählt in seiner Graphic Novell seine eigene Geschichte, sehr nah, sehr persönlich und intensiv. Auf dem Weg von einer Frau zu einem Mann begegnen ihm Unverständnis genauso wie Verständnis.
Bei seiner Wandlung vom Kind zum Mädchen (wider Willen) zum Transgender zum Mann nimmt Suska (später Suskas) einige Umwege. Anfangs wird sie nicht ernst genommen. Wer glaubt einem Kind, dass es sich in seinem Körper unwohl fühlt und die vollkommen falsche Form der Anerkennung erfährt?
Sie fügt sich immer wieder in ihr Schicksal, bis – zumindest meinem Gefühl nach – zu der Konfirmation, bei der sie erneut den Willen anderer Aufgezwungen bekommt und anschließend aus all dem ausbricht und sich von knabenhaftem Mädel zu Punk mausert, womit ihr Umfeld anfangs nicht klar kommt. Der nächste Schritt ist, sich auszutoben und sich ihrer Sexualität bewusst zu werden; mit Mann wie mit Frau.
Ein weiterer Veränderungsprozess setzt ein und noch einer, bis es schließlich in den ersehnten OPs gipfelt.
Suskas Lötzerich hat bis zu seiner entscheidenden Operation wirklich viel erkämpfen müssen, erlebt und immer wieder unglaublich starke und verständnisvolle Menschen an seiner Seite gehabt. Besonders seine Mutter spielt in der Geschichte eine große Rolle, die jede Veränderung zuerst als Schrecken wahrnimmt, den sie überwindet und eisern zu Suskas steht. Er findet Menschen die ihm wichtig sind und ein Leben mit einer ganz neuen Freiheit, wobei er immer seiner eigenen inneren Stärke treu bleibt und nicht aufgibt. Sein Punk-sein ist Ausdruck und Lebensgefühl, mehr aber seine erste wirkliche Befreiung von Konventionen, der er bis heute treu geblieben ist.

 

Die Graphic Novell ist in typischer Weise flott und rasch gezeichnet, hat etwas von dem bekannt punkig-schnoddrigen Lebensgefühl und hält mit nichts hinter den Berg.
Wer von ihm unter seinem Pseudonym AndiLirium bereits Punkrock Heratland und Pit reißt aus (oder einige seiner Online-Comics) kennt, weiß, wie er zeichnet und das Milieu darstellt. Bild und Geschichte passen zueinander. Wer typische Bishis erwartet, sollte seine Comics nicht lesen. Sie sind lebendig und punkig, also für die Art der Geschichte ideal.
Suskas hat Kunst studiert und in dieser Zeit unter anderem „Bambule“ und „Punkrock Heartland“ gezeichnet. Letzterer war seine Abschlussarbeit.

 

So wie ich Suskas Lötzerich kennen gelernt habe, ist er ein bestrebter und zielgerichteter Mann, jemand, der sich durch Rückschläge nicht einschüchtern lässt, gleichgültig ob in privater oder beruflicher Hinsicht. Er vertritt sich und sein Leben mit Mut und lebt heute als Comiczeichner in Hamburg.
Hexenblut ist das erste autobiographische Werk von ihm, in dem er seinen Künstlernamen AndiLiruium ablegt und offen zu sich und seiner Familie steht. Für diesen Schritt braucht man Kraft und allein dafür ist er zu bewundern.

 

"Like a Dream" bedankt sich beim Luftschlacht Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

 

Titel:

Hexenblut

Zeichner/ Autor:

Suskas Lötzerich

Genre:

Drama, Transgender

Verlag:

Luftschlacht Verlag, 2014

Preis:

15,50 Euro

ISBN:

978-3902844408
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Bildcopyright:
Die im Zusammenhang mit diesem Artikel verwendeten Bilder und Coverscans unterliegen dem Copyright von Suskas Lötzerich / Luftschlacht Verlag