Interview- Makoto Tateno

Name: Makoto Tateno

Kunstform: Illustration, Manga

Veröffentlichungen: u.a. Yellow, Happy Boys, Hero Heel, Steal Moon,...

 

Makoto Tateno war anlässlich des 10-jährigen Jubiläums des Mangaverlages EMA auf der Leipziger Buchmesse zum zweiten Mal in Deutschland zu Gast. Ich hatte die Möglichkeit, die Ausnahmekünstlerin zu interviewen. Mein Dank geht hierbei an die EMA- Pressesprecherin Thea Schellakowsky, sowie die Übersetzerin Elisabeth Deschler, die dieses wunderbare und informative Interview möglich gemacht haben.

 

Sehr schön, dass Sie sich Zeit genommen haben. Können Sie sich den Lesern vorstellen?
Ich heiße Makoto Tateno und bin bereits seit 24 Jahren als Mangaka tätig, habe aber erst vor 10 Jahren angefangen Boys Love zu zeichnen. Es freut mich sehr, dass ich hierher kommen konnte und dass ich unterdessen auch international bekannt geworden bin und so viele Fans habe.


Wie sind Sie zum Zeichnen gekommen?
Ich habe bereits in der Grundschule mit dem Zeichnen angefangen, allerdings war ich damals noch nicht so gut. Es war schon immer mein Traum Mangaka zu werden. 


Welche Vorbilder haben Sie? Wer hat Sie am stärksten beeinflusst?
Ich habe keine bestimmten Vorbilder. Ich wurde von verschiedenen Mangaka und Genres beeinflusst.


Sie wurden hier in Deutschland besonders durch den Yaoi-Manga „Yellow“ bekannt geworden. Was reizt Sie an Shonen-Ai/Yaoi?
Shonen-Ai ist etwas, was mir persönlich sehr gefällt und mich anregt. Zuerst war ich auf das Shojo- Genre spezialisiert, doch da ich schon immer Boys Love zeichnen wollte, habe ich mich dazu entschlossen freiberuflich als Mangaka zu arbeiten und mich dementsprechend umorientiert.


Aber ist es in diesem Fall nicht üblich, dass man für das Yaoi- Genre einen Künstlernamen annimmt? Oder ist alles unter dem gleichen Namen veröffentlicht?
Ich habe alle Mangas unter meinem richtigen Namen veröffentlicht.


Yaoi ist als Genre in Japan weniger anerkannt und es wird von den Fans eher im Geheimen gelebt. War es schwer Yaoi zu zeichnen im Hinblick auf Familie, Gesellschaft und Bekanntheitsgrad?
Meiner Mutter habe ich natürlich nicht gesagt, dass ich Yaoi zeichne, nur meine jüngere Schwester weiß davon. Wenn meine Mutter es irgendwann erfahren sollte, ist es auch nicht so schlimm.

 

 

Wie groß ist der Unterschied zwischen Japan und Deutschland, in Hinblick auf das „Leben“ des Yaoi-Genres? Hier wird das Thema ja sehr offen behandelt?
In Japan lebt man dieses Hobby wirklich vollständig im Geheimen, hinter verschlossenen Türen. Das ist ein sehr großer Unterschied zu Deutschland. Hier wird das sehr viel freier behandelt als in Japan. Aber hinter verschlossenen Türen findet das alles natürlich ebenso statt.


Hat sich das in den letzten 10 Jahren ein bisschen geändert? Es ist ja eine deutliche Entwicklung in Form von Animes, Mangas und Spielen vorhanden.
Ich denke schon, dass sich das etwas verändert hat und es ist – auch wenn es noch nicht anerkannt ist –zumindest ein bisschen offener geworden.


Wie können Sie Shojo und ShonenAi als unterschiedliche Stilrichtungen miteinander vereinbaren?
Es gibt wenige Künstler die Beides abdecken. Mir gefallen beide Stilrichtungen und es ist mir wichtig, beide Genre zu vertreten. Ich lege sowohl beim BL-Genre, als auch bei Shojo immer besonderen Wert auf die Story und die Charaktere. Das ist mir sehr wichtig.


Gibt es denn ein Werk zu dem Sie einen ganz besonderen Bezug haben oder gibt es eine Geschichte, die sie ganz besonders gerne mal erzählen wollen?
Das wäre in diesem Fall definitiv „Yellow“. Mir gefällt es einfach, dass gerade diese Geschichte international so anerkannt und beliebt ist. Ich habe dennoch viele Träume und Geschichten im Kopf und ich möchte unbedingt noch sehr viel zeichnen. Für mich ist noch lange nicht alles beendet und ich habe auch noch nicht alles erreicht, was ich erreichen möchte. Am liebsten möchte ich etwas zeichnen, das allen gefällt. Alle sollen weinen vor Freude, also möchte ich es stark gefühlsbetont und emotional gestalten.


Welches Genre möchten Sie in Hinblick auf dieses Projekt gerne zeichnen?
Das ist im Grunde egal. Am liebsten möchte ich in einem Genre arbeiten, das alle Genre abdeckt.


Wie sieht es mit den Geschichten der Mangas aus? Sind alle Geschichten von Ihnen? Lassen Sie sich manchmal inspirieren? Würden Sie auch einen Roman als Manga umsetzen, der Ihnen besonders gut gefällt?
Der Verlag gibt eine grobe Richtung vor, aber die Ideen stammen immer von mir. Natürlich inspirieren mich auch Bücher und Filme, zumeist reicht es mir sogar einfach nur die Umwelt zu beobachten, z.B. wenn ich in einem Café Menschen beobachte oder mit der Bahn fahre.
Natürlich gibt es auch bei den Geschichten Favoriten und diese sind im BL- Genre ganz stark vertreten.


Könnten sie mehr zur Arbeit als Mangaka erzählen? Haben Sie feste Arbeitszeiten? Wie ist der allgemeine Arbeitsablauf? Ist Urlaub oder Freizeit möglich?
Ich stehe morgens früh auf, frühstücke und beginne direkt danach mit der Arbeit. Erst gegen Mittag mache ich eine Pause und arbeite anschließend bis in die Nacht hinein, je nachdem, wie die Deadline aussieht. Mein Arbeitstag umfasst 12 bis 14 Stunden. Und wenn abends alles fertig ist, trinke ich immer etwas zur Feier des abgeschlossenen Arbeitstages.


Machen Sie auch mal zwei Wochen Urlaub, in denen sie gar nicht zeichnen?
Ich kann mir höchstens drei Tage am Stück gönnen, um mich zu entspannen. Allerdings ist für mich ein Messeauftritt auch so etwas wie Urlaubs. Ich verbringe ja momentan eine ganze Woche in Deutschland, während ich in Leipzig zur Buchmesse bin.


Ist das nicht ein hartes Geschäft?
Ja schon, aber es macht mir Spaß und es ist mein Leben.

 

 

Da Sie viele Projekte gleichzeitig verfolgen, gehe ich davon aus, dass Sie auch Assistenten haben?
Ja, ich habe zwei Assistentinnen, die mich in meiner Arbeit unterstützen. Meine Assistentin Yumi Kimura ist bereits seit 10 Jahren bei mir (Anm.: sie begleitete Frau Tateno auch zur LBM und war beim Interview anwesend), Kyo Igarishi arbeitet sogar seit zwanzig Jahren bei mir.


Es ist ja üblich, dass Assistenten bei berühmten Mangaka in die Lehre gehen, bevor sie dann selbst etwas veröffentlichen und dann denn Sprung zum Profi schaffen. Gibt es schon Jemanden, der bei Ihnen so angefangen hat und dann selbst zu Profi wurde?
Das gibt es natürlich. Es ist üblich, dass man sich zuvor als Assistent verdingt. Und es gab auch schon Leute, die bei mir gearbeitet haben und den Sprung zum Profi geschafft haben.


Haben Sie denn selbst als Assistentin bei einem berühmten Mangaka angefangen?
Ja, ich habe bei der Mangaka Suzue Miuichi (Glass no Kamen/ Glass Mask)  angefangen und dort zwei Jahre als Assistentin gearbeitet. Sie war eine sehr strenge Lehrerin gewesen und hat stark an meinen Ehrgeiz appelliert. Es gab es damals keine Ruhepausen für mich und keinen Spielraum für irgendetwas anderes. Konzentration pur hieß die Devise und ich habe sehr viel von ihr gelernt.


Jeder Zeichner hat einen anderen Rhythmus. Wie schnell zeichnen Sie Illustrationen oder eine Mangaseite?
Um mir die Story und die Namen auszudenken, benötige ich ungefähr zwei Tage. Das ist auch immer der arbeitsintensivste Schritt bei der Entwicklung eines Mangas. Um 40 Seiten fertig zu stellen, brauche ich eine Woche.


Wie lang brauchen Sie für Farbillustrationen?
Die sind in der einen Woche (und den 40 Seiten) enthalten. Jedoch mache ich die farbigen Illustrationen immer ohne die Hilfe meiner Assistenten. Dafür brauche ich ca. zwei Tage (~ 28 Stunden) und danach entspanne ich mich bei etwas nettem zu Trinken (dabei meine ich nicht nur Sake, sondern auch Wein und Bier).


Wie viele Projekte haben Sie im Monat? Anhand der Tatsache, dass Sie 40 Seiten in der Woche schaffen, ist davon auszugehen, dass Sie mehrere Serien nebeneinander haben. Kommt man dann nicht durcheinander?
Ich arbeite immer an mehreren Projekten im Monat. Deswegen komme ich immer wieder durcheinander und es kommt vor, dass mich meine Assistentinnen auf Fehler aufmerksam machen (wenn ich aus Versehen die falschen Haare oder den falschen Charakter gezeichnet habe). Sie sind meine Erinnerungsfunktion.


Lesen Sie auch privat Mangas oder Romane? Wenn ja, welches Genre bevorzugen Sie dabei?
Ich lese sehr gerne Mangas. Insgesamt mag ich das Genre BL am meisten, lese aber ansonsten alles, was mir gefällt.


Genau wie beim Zeichnen?
Ja genau, ich will mich einfach nicht speziell auf eine Sache festlegen. Man sollte auch darin sehr offen sein.


Lesen Sie auch Bücher oder ausschließlich Mangas?
Ich lese auch Bücher, wenn ich Zeit habe.


Was sind Ihre Lieblingsautoren? Eher National oder eher International?
Bei Manga lese ich natürlich vorwiegend solche, die aus Japan stammen. Was Bücher anbelangt, lese ich immer öfter Geschichten internationaler Autoren. Momentan kann ich mich leider nicht an irgendwelche Namen und Autoren erinnern, die mir gut gefallen haben. Ich denke aber, dass es sehr sehr gute Bücher gibt.


Ist angedacht, dass einige Ihrer Serien als Anime oder Filme erscheinen?
Es gab schon einmal ein Projekt, wo das geplant wurde, aber leider wurde es wieder gestoppt. Es handelte sich damals um „Yellow“.

Soll „Yellow“ irgendwann fortgesetzt werden?
Zumindest soviel kann ich sagen: „Yellow“ soll in der Tat in näherer Zukunft weitergeführt werden.


Werden auch zu Ihren Serien Dojinshis gezeichnet? Wie stehen Sie dazu, wenn jemand einige Ihrer Figuren für eigene Werke benutzt?
Bisher wurden, soweit ich das mitbekommen habe zu meinen Serien keine Dojinshis veröffentlicht.


Zeichnen Sie auch selbst Dojinshis, oder haben Sie einmal Dojinshis gezeichnet?
Ja, ich habe vor langer Zeit selbst Doujinshis gezeichnet und ab und zu mache ich das heute noch. Doch jetzt, wo ich mich im Profifach etabliert habe, veröffentliche ich Doujinshis nur noch als Fan unter einem anderen Namen.


Würden Sie auch Romane illustrieren?
Für verschiedene Magazine mache ich das immer wieder, allerdings sind diese nur in Japan erschienen. Wenn ich wieder die Gelegenheit dazu bekomme, eine Geschichte zu illustrieren, werde ich garantiert nicht nein sagen. Im Momentan habe ich jedoch keine Aufträge dieser Art. Momentan liegt mein Fokus gänzlich auf dem neuen „Yellow“-Projekt.


„Yellow 2“ kommt doch sicher wieder nach Deutschland?
(Frau Schellakowsky) Der Egmont-Verlag hat bereits Interesse angemeldet :)

 

 

Vielen Dank für das ausführliche und interessante Interview und viel Erfolg bei den zukünftigen Projekten. Die Fans können es kaum erwarten, bis die Fortsetzung zu „Yellow“ erscheint.

 

Bildcopyright:
Die im Zusammenhang mit diesem Artikel verwendeten Bilder und Coverscans (Yellow, Steel Moon) unterliegen dem Copyright von Libre, EMA, Makoto Tateno.