Ein perfekter Kellner
Erneste
ist seit Jahrzehnten Kellner und in allem was er tut korrekt und tadellos. Der
unauffällige Mann arbeitet schnell und dienstbeflissen und geht vollkommen in
seiner Berufung auf. Als er jedoch 1966 einen Brief von seinem ehemaligen Freund
und Geliebten Jakob bekommt, der ihn um Hilfe bittet, wird Ernest aus seinem
einfachen Leben gerissen und seine perfekte Fassade bekommt Risse. Zuerst muss
er sich einer Vergangenheit stellen, die er bisher verborgen hielt. Als ein weiterer Brief ankommt, in dem Jakob einmal mehr Erneste um Hilfe als Freund ersucht, ist dieser Hin und Her gerissen. Er soll den greisen Schriftsteller Klinger aufsuchen und diesen um Geld bitten, damit Jakob aus den USA fliehen kann. Zunächst will Erneste seinem ehemaligen Geliebten diesen Freundschaftsdienst verweigern, ist er doch selbst Jahrzehnte nach ihrer Trennung noch immer verletzt und enttäuscht von Jakob. Immerhin hat dieser Erneste vor fast dreißig Jahren verlassen, um den Schriftsteller nach Amerika zu begleiten. Dennoch entscheidet sich Erneste dafür, Klinger aufzusuchen, um endlich mit der Sache abschließen zu können. Bei diesem wird Erneste allerdings mit einer Wahrheit konfrontiert, die alle Geschehnisse in ein neues Licht rückt. Denn nicht nur Erneste wurde von Jakob enttäuscht – auch in Klingers Familie sorgte der neue Angestellte für eine wahre Tragödie. Zudem erfahren sowohl Erneste als auch Klinger zum Schluss, was es wirklich mit Jakobs Hilfesuche auf sich hat…
Mit „Ein perfekter Kellner“ gelingt dem Autoren Alain Claude Sulzer ein
intensiver und stilistisch hervorragender Roman, der von sehr ausgefeilten
Charakteren und eine mitreißend Sprache lebt. Erneste ist dabei Perspektivträger
und der Leser erlebt sein Leben in zwei verschiedenen Zeiteben mit – einmal im
Jahre 1966, nachdem er den Brief von Jakob erhalten hat und einmal kurz vor dem
zweiten Weltkrieg. Die Geschichte selbst ist sehr tiefgründig und logisch
aufgebaut. Mit der Wahl zweier Zeitebenen, die sich immer wider abwechseln und
ausgefeilten, interessanten Charakteren gelingt Alain Claude Sulzer ein sehr
vielschichtiges, dramatisches Werk.
Alain Claud Sulzer hat einen wunderbar feinen und ausgereiften Stil. Er weiß
genau, wie er die Geschichte zu Papier bringen muss und welche Hinweise er zu
welchem Zeitpunkt streuen muss, um den Leser zu fesseln. Es gelingt ihm durch
den Wechsel zwischen Ernestes Gegenwart und Vergangenheit den Leser niemals zu
langweilen, auch wenn Ernestes Leben an und für sich sehr langweilig und
eintönig ist. Mit dem Ende und der Aufklärung von Jakobs Briefen kann Sulzer
ebenfalls verblüffen und zeigt, wie gut durchdacht und logisch der Roman im
Grunde ist.
Insgesamt ist „Ein perfekter Kellner“ ein wunderbares Buch, das jedem zu empfehlen ist. Es ist ein wahres Meisterwerk der homoerotischen Literatur, tiefgründig, bewegend und stilistisch sehr gut umgesetzt. Die Geschichte ist interessant, man erhält einem guten Einblick in die damalige Zeit und die Charaktere sind sehr tiefgründig und nachvollziehbar. Wer einen sehr guten homoerotischen Roman lesen möchte, sollte unbedingt einen Blick in Sulzers Werk werfen. Wer zudem noch ein bisschen Zeit für Recherche mitbringt, dem offenbaren sich versteckte Andeutungen…
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