Des Taufels Maskerade

Mit Spannung erwartete man den Gewinner des großen Heyne Schreibwettbewerbes und im November 2009 erschien endlich Victoria Schlederers Roman „Des Teufels Maskerade“. Entgegen aller Vermutungen gehört der Gewinnertitel weder zum Fantasy- Genre noch zu Science Fiction. Es handelt sich um einen Mysteryroman, der in Prag Anfang des 20. Jahrhunderts spielt und mit einem Hauptcharakter aufwartet, der nicht ganz den üblichen Schemen entspricht…


Dejan Sirco, Baron und Mitarbeiter im K&K Bureau für okkulte Angelegenheiten hatte eigentlich gehofft nie wieder etwas mit dem charismatischen und geheimnisvollen Felix Trubic zu tun zu haben. Durch eine Reihe verschiedener Vorkommnisse war dieser nicht nur der Grund für seinen Rauswurf aus dem Militär und einen absoluten Ehrverlust, er offenbarte Dejan auch, dass nicht nur menschliche Wesen im Schatten der goldenen Stadt leben. Daraufhin hat sich Dejan nun dafür entschieden mysteriöse Vorkommnisse zu ergründen und aufzuklären. Unterstützt wird er dabei von der lebensweisen Dirne Esther, dem Straßenjungen Mirko und dem ehemalige Earl Lysander, dessen Seele schon vor Jahrhunderten an den Körper eines Fischotters gebunden wurde.
Felix selbst beauftragt Dejan eines Tages einen alten Familienfluch zu ergründen, denn vor einigen Tagen erhielt er eine entsprechende Nachricht, die Felix’ Tod prophezeit. Dejan nimmt den Auftrag schließlich an und begibt sich auf die Suche nach der Wahrheit. Schon bald muss er feststellen, dass es um weit mehr als einen simplen Familienfluch geht und dass Mächte an dem Intrigenspiel beteiligt sind, die Dejan und seine Freunde in Gefahr bringen. Zu allem Überfluss hat Felix auch noch eine Tochter, die sich in den Kopf gesetzt hat davon zu laufen und mit ihrem Geliebten nach Wien flüchtet. Dejan bleibt nichts anderes übrig als ihr zu folgen, denn auch sie scheint in das Gespinst aus Lügen und Verrat mit eingewoben zu sein, gemeinsam mit dem Vampir Buckingham, der urplötzlich nach Jahren wieder in Prag auftaucht und nicht nur Felix, sondern auch dessen Tochter zu kennen scheint.
Dejans größtes Problem ist jedoch, dass ihn eine durchaus gemeinsame, leidenschaftliche Vergangenheit mit Felix Trubic verbindet und als Mirko zufällig auf alte Tagebuchseiten Dejans stößt und erkennt, dass die beiden früher mehr als nur Freunde waren, verlässt er die Gruppe.


Während Felix’ Zeit kürzer wird und Dejan erkennen muss, dass sein Freund todkrank ist, beginnt er fieberhaft aufzudecken, was genau der Fluch beinhaltet und stößt auf ein Komplott, was schon viele Jahrhunderte zurückliegt…


„Des Teufels Maskerade“ wurde zurecht als Sieger aus über 1.400 Einsendungen ausgewählt. Für die knapp 25-jährige Autorin ist es ein beachtliches Debut, das besonders sprachlich so ausformuliert und bildlich geworden ist, dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann. Victoria Schlederer hat ein Gefühl für Sprache, wie ich es selten erlebt habe und man taucht schon nach wenigen Seiten in die Zeit des beginnenden 20. Jahrhunderts ein. Hinzu kommt eine detaillierte Recherche, denn nahezu alle historischen Ereignisse, auf denen auch die im Roman beschriebenen Geschehen begründet liegen, sind bis auf wenige Abweichungen korrekt. Es gelingt ihr glaubhaft ein Portrait der Zeit zu geben und gekonnt streut sie immer wieder phantastische Elemente hinein. Seien es nun Vampire oder Drachen, man findet auf nahezu jeder Seite etwas Geheimnisvolles. Auch Magie ist nicht unbekannt, ist doch Sir Lysander dank eines wohlbekannten Magiers an die Gestalt eines Fischotters gebunden.
Die Charaktere wirken dank der ausgeklügelten Sprache ebenso lebendig, wie die gesamte Handlung. Lysander als sprechender Otter, der nie um einen zynischen Kommentar verlegen, die Dirne Esther, die einfach nur unschlagbar in ihrer Art ist und Felix Trubic, der sowohl mysteriös und geheimnisvoll, aber auch spitzzüngig sein kann. In Anbetracht dieser bemerkenswerten Persönlichkeiten, wirkt Dejan fast ein wenig blass. Der Protagonist ist zwar sehr gut nachvollziehbar (besonders, da „Des Teufels Maskerade“ aus seiner Sicht geschrieben ist), doch manchmal tritt er zu sehr in den Hintergrund, um den anderen Platz zu machen.
Die Geschichte selbst ist zugegeben etwas verwirrend, was nicht zuletzt daran liegt, dass die Charaktere von der Vielzahl an Geheimnissen und den Intrigen selbst erschlagen werden. Je mehr übernatürliche Kräfte auftauchen und je näher sie der Wahrheit kommen, umso ohnmächtiger werden sie in ihren Handlungen. Dadurch verliert der Roman merklich an Schwung, da gerade hierbei etwas Wesentliches fehlt: Spannung und Action. Sicherlich ist „Des Teufels Maskerade“ nicht darauf ausgelegt actionreich zu sein, doch es fällt schon auf, dass Dejan und seine Freunde selten aktiv etwas unternehmen, sondern vielmehr auf die Ereignisse reagieren. Dass macht sie eher zu passiven Handlungsträgern, was sehr schade ist. Gerade hier erschlägt die blumige Sprache die Geschichte, da Victoria Schlederer das Gefühl für Spannung und Action fehlt.
Dafür konzentriert sie sich ganz auf die Beziehung zwischen Felix und Dejan. Man entdeckt einen weiteren Handlungsbogen, in dem nicht der Fluch im Vordergrund steht, sondern die dunkle Vergangenheit der beiden ungleichen Männer. Dejan mag vielleicht offiziell bisexuell sein, doch wenn man zwischen den Zeilen lesen kann, offenbart sich doch mehr als deutlich, dass er in Felix Trubic verliebt ist. Und dieser scheint die Gefühle Dejans zu erwidern, egal welche Vorkommnisse in der Vergangenheit zwischen den beiden vorgefallen sind. Besonders schön ist, dass Victoria Schlederer wirklich den dezenten und versteckten Weg gewählt hat, um dies zu zeigen. Nicht einmal Dejans Gedanken offenbaren direkt, was er für Felix empfindet (und das bei einer Ich-Perspektive), denn zu dieser Zeit wäre das ein absolutes Unding gewesen. Etikette und Ehre stehen egal wie an erster Stelle und das macht „Des Teufels Maskerade“ so lebendig und authentisch, obwohl sie homosexuelle Aspekte mit in den Roman eingebaut hat.


Insgesamt ist „Des Teufels Maskerade“ ein geistreiches und sprachlich wundervoll formuliertes Buch. Dass die Autorin männliche Hauptcharaktere hat, stört überhaupt nicht, es gelingt ihr wunderbar, sich in einen Mann hineinzuversetzen und Dejans Gefühle und Gedanken zu beschreiben.
Wer einen wirklichen Mysterythriller oder einen actiongeladenen Urban Fantasy- Roman lesen möchte, sollte vielleicht im Vorfeld hineinschnuppern, denn obgleich die Charaktere vielen Geheimnissen auf der Spur sind, fehlt es mitunter an wirklicher Spannung.
Alle anderen, die historische Romane, einen ausgereiften Schreibstil und mitreißende Charaktere lieben und einer hintergründigen Liebesgeschichte zwischen zwei Männern nicht abgeneigt sind, sollten definitiv zuschlagen. Besonders da das Ende relativ offen ist und Lust auf mehr macht…

 

Titel:

Des Teufels Maskerade
Autor: Victoria Schlederer
Genre: Mystery, History
Verlag: Heyne Verlag
Preis: 14,00 Euro
ISBN: 978-3453526556
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