Maurice

„Maurice“ von E.M. Foster erschien erst nach dem Tod der Autors im Jahre 1971. Aufgrund seiner homoerotischen Thematik war es dem bereits 1913/1914 geschrieben Werk vergönnt früher zu erscheinen. Dennoch zählt das Werk heute als eines der bedeutendsten Werke Fosters und wurde in den 90er Jahren erfolgreich u.a. mit High Grant verfilmt.


Maurice Hall wächst mit seiner Mutter und zwei jüngeren Schwestern ohne Vater in einer gutbürgerlichen Atmosphäre heran. Sein Leben ist von Durchschnittlichkeit geprägt, so ist er sowohl in der Schule, als auch privat eher Mittelmaß, ist manchmal ein wenig langsam und braucht immer ein wenig mehr Zeit um Dinge zu verstehen und zu akzeptieren. Während seines ersten Jahres im College lernt er schließlich den jungen Studenten Clive Durham kennen, der ihm eine völlig neue Welt eröffnet. Clive ist wortgewandt, intelligent und offenbart Maurice die Werke Platos und weckt in Maurice ganz neue Sehnsüchte und schon bald verbindet Beide eine tiefe Freundschaft, die durch lange Diskussionen und gemeinsamen Treffen gekennzeichnet ist. Als Clive Maurice schließlich offenbart, dass er sich in seinen Freund verliebt hat, ist Maurice zunächst abweisend und weiß nicht wie er mit diesem Geständnis umgehen soll, doch schließlich muss er erkennen, dass er Clives Gefühle erwidert und die beiden verbringen noch mehr Zeit miteinander. Zwei Jahre sind die beiden zusammen und dennoch bleibt ihre Beziehung abgesehen von einigen Küssen rein platonisch und findet eher auf der geistigen Ebene statt. Maurice lernt in dieser Zeit nicht nur Clives Familie und die Besitztümer kennen, auch Clive wird Teil der Familie Hall.
Während einer Reise nach Griechenland verändert sich Clive und er beginnt sich von Maurice zurückzuziehen. Schon bald muss Maurice erkennen, dass Clive die Beziehung nicht mehr fortführen will, da dieser während seiner Reise erkannt hat, dass eine Liebe zwischen Männern unmöglich funktionieren kann. Mit dieser Trennung stürzt er Maurice in eine tiefe Verzweiflung, aus die er sich kaum befreien kann. Er lebt zwar in seinem alltäglichen Trott weiter, doch er wird immer unleidlicher auch seiner Familie gegenüber. Dass Clive versucht ihm zu helfen und ihn von seiner Krankheit zu heilen, macht es für Maurice nur noch schlimmer, besonders als dieser selbst beginnt Ärzte aufzusuchen um von seiner Homosexualität befreit zu werden. Doch gerade zu dieser Zeit lernt er bei Clive den Wildhüter Alec Scudder kennen, er Mann aus dem einfachen Volk. Seine angestaute Gefühle und seine Sehnsucht entladen sich in einem Intermezzo mit dem Angestellten Clives und Maurice verliebt sich Hals über Kopf in den Mann, der seine Gefühle erwidert. Maurice beschließt sich zu seinen Gefühlen zu bekennen und gegen die Gesetze aufzubegehren. Doch Alec hat vor England zu verlassen und sich in Argentinien eine neue Existenz aufzubauen. Erneut droht Maurice eine Liebe zu verlieren und erneut allein zurück gelassen zu werden. In seiner Verzweiflung bietet er Alec an seinen Stand und seine Stellung aufzugeben und mit ihm gemeinsam seinem Leben den Rücken zu kehren, doch Alec zögert…


„Maurice“ ist ein klassischer Gesellschaftsroman, der im 19. Jahrhundert spielt und durchaus als Kritik an die damaligen Gesetze und die Gesellschaft aufzufassen ist. Foster gelingt es durch eine sehr lyrische und tiefgründige Sprache eine wundervolle Geschichte über Liebe, Freundschaft und die Suche nach dem eigenen Glück zu erzählen. Es geht in „Maurice“ ebenso um Selbsterkenntnis und Akzeptanz, so dass man Maurice Gedanken und Gefühle sehr gut nachvollziehen kann, ebenso seine Wandlung. Bis auf zwei Kapitel, die aus Clives Sicht erzählt werden, ist alles in der Perspektive Mauricens gehalten und man geht mit dem jungen Mann durch Höhen und Tiefen, bis er endlich seine Liebe in dem jungen Mann Alec findet. Zudem erfährt der Leser viel über die Gesellschaftsschichten des viktorianischen Londons und somit passt „Maurice“ als Lektüre vor allem zu denjenigen, die schon „Adrian Mayfield“ von Floortje Zwigtman gemocht haben.
„Maurice“ ist jedoch nicht so einfach zu lesen, wie das Jugendbuch der niederländischen Autorin, man muss sich durchaus stärker auf die Geschichte und den Text konzentrieren und somit darf man nicht davon ausgehen, dass „Maurice“ ein seichter Roman ist, der nebenher gelesen werden kann. Man sollte sich Zeit nehmen, jedoch nicht zu schnell aufstecken, besonders da sich der Anfang ein wenig in die Länge zieht.


Insgesamt ein sehr schöner und intelligent geschriebener Roman, der eine sehr schöne Geschichte mit Happy End erzählt und sich sehr gut im Anschluss der „Adrian Mayfield“- Trilogie lesen lässt. Wer Bücher und Romane mag, die allgemein im 19. Jahrhundert angesiedelt sind, sollte zuschlagen, „Maurice“ ist ein Meisterwerk, das man sich nicht entgehen lassen sollte.

 

Titel:

Maurice
Autor: E.M. Foster
Genre: History, Gesellschaftsroman, Drama
Verlag: unterschiedlich, zumeist Fischer Verlag
Preis: 9,95 Euro
ISBN: 978-3-596-15899-7
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