Maurice

Maurice Hall wächst ohne einen Vater, nur mit Mutter und zwei Schwestern, in einer gutbürgerlichen Familie auf. Schon während seiner Schulzeit zeigt sich, dass Maurice ein wenig langsamer ist und seine schulischen Leistungen eher durchschnittlicher Natur sind. Dennoch beschließt er ans College zu gehen. Während seiner ersten Jahre dort schließt er Freundschaft mit dem Studenten Clive Durham, der sich mit Risley ein Zimmer teilt. Clive eröffnet Maurice eine neue Sicht auf die Welt und die gewährt ihm Einblicke in die Bücher und Werke von Platon und anderer berühmter Persönlichkeiten. Schon bald kommen sich die beiden näher und führen Diskussionen über Literatur und Philosophie. Zudem entwickelt sich eine besondere Form der Zuneigung unter ihnen und schließlich gesteht Clive seinem Freund, dass er sich in Maurice verliebt hat. Nachdem dieser ihn zuerst abgewiesen hat, erwidert er schließlich Clives Gefühle und die beiden werden unzertrennlich. Clive legt jedoch von Anfang fest, dass sich ihre Beziehung nur auf platonischer Ebene bewegen soll, sprich Sex überhaupt nicht zur Debatte steht. Maurice ist zwar erschrocken, akzeptiert jedoch die Entscheidung seines Freundes.
Nachdem Maurice wegen eines Vergehens vom College verwiesen wird, bleiben die beiden dennoch befreundet und besuchen sich gegenseitig bei ihren Familien. Die Jahre vergehen und Maurice wird Finanzberater, während Clive Anwalt geworden ist. Immer noch sind die beiden im Geheimen ein Paar und verbringen viel ihrer freien Zeit miteinander. Als Risley bei homosexuelle Handlungen von der Polizei aufgegriffen wird und vor Gericht gestellt wird, ändern sich die Grundlagen schlagartig. Clive fühlt sich von der Gesellschaft immer weiter in die Ecke gedrängt und beginnt während einer Griechenlandreise über die Beziehung zu Maurice nachzudenken. Er hat Angst so zu enden wie Risley und verzichtet daher auf Maurice Briefe zu antworten.

Als Clive endlich zurück in England ist offenbart er Maurice, dass er die Beziehung zu ihm beenden möchte. Maurice ist entsetzt und fühlt sich verraten, doch Clive beschließt die junge Anne zu heiraten und sich endgültig von Maurice loszusagen. Trotz der Zurückweisung bleibt Maurice mit Clive befreundet und ist regelmäßig bei ihm und seiner Frau zu Besuch. Zeitgleich versucht er seine homosexuellen Neigungen abzulegen und such einen Hypnotiseur auf, um sich helfen zu lassen. Doch genau in dieser Zeit lernt er den Wildhüter der Familie Durham kennen. Alec Scudder ist anders als Clive und Hall verliebt sich in den gewöhnlichen Mann, der weit unter seinem Stand ist…

 

 

„Maurice“ ist die filmische Umsetzung des bekannten Romanes von E. M. Foster und wurde von James Ivory umgesetzt, der bereits andere Werke des Autors verfilmt hat. Mit „Maurice“ ist ihm eine bedeutende Literaturverfilmung gelungen, die sich inhaltlich kaum vom Roman unterscheidet. Die Geschichte ist im beginnenden 20. Jahrhundert angesiedelt und spielt in einer Zeit, in der Homosexualität strafbar gewesen ist. Dementsprechend wenig Möglichkeiten haben die Charaktere, sich in dieser Zeit zu entfalten und Foster zeigt zum Ende hin die einzigen Möglichkeiten, die einem Homosexuellen blieben – die Flucht aus England oder die Unterdrückung seiner Gefühle und eine Heirat.
Die Handlung ist sehr gut umgesetzt, auch kleinere, historische Details wurden liebevoll in Szene gesetzt, so dass man problemfrei in die damalige Zeit eintauchen kann. Einzig und allein die Tatsache, dass die Handlung des Romanes nicht komplett umgesetzt werden konnte ist schade. So wirkt die Geschichte ein wenig zusammengestutzt und gerade zu Beginn sehr unübersichtlich, wenn man das Buch nicht kennt. Viele Passagen wurden weggelassen, man hat sich nur auf die wichtigsten Punkte konzentriert, was dafür sorgt, dass der Film nicht flüssig ist, sondern sehr stichpunktartig herüber kommt. Das ist sehr schade, da einiges verloren geht um die Zusammenhänge nachvollziehen zu können. So wurden auch einige Romancharaktere weggelassen, die für Maurice’ Entwicklung wichtig gewesen wären. Dennoch kann man den Film auch ansehen, ohne des Buch kennen zu müssen, man muss sich allerdings vollkommen auf den Inhalt konzentrieren. „Maurice“ ist damit kein Film, den man einfach so nebenbei anschauen kann.
Der Film lebt besonders durch die vielen Details, die Realitätsnähe und die schauspielerische Leistungen. Mit James Wilby wurde Maurice Hall passend besetzt. Er versteht es wunderbar den zu Beginn recht willensschwachen und unsicheren Mann darzustellen, der allmählich von der Gesellschaft in die Ecke gedrängt wird und erst später den Mut findet, zu dem zu stehen wer er ist. Sein bester Freund Clive Durham wird von Hugh Grant dargestellt, der in „Maurice“ eine seiner ersten Hauptrollen erhielt. Er ist ebenfalls in der Lage Clive gut in Szene zu setzen und ist perfekt für den schönen Freund, der in Maurice’ Leben eine solch wichtige Rolle spielt. Doch auch die Nebencharaktere können mit etlichen guten Schauspielern aufwarten, so dass die Verfilmung von „Maurice“ für jeden lohnt, der bereits das Buch gemocht hat.


Insgesamt ist „Maurice“ ein lohnenswerter Film. Für das bessere Verständnis empfiehlt sich im Vorfeld die Lektüre des Romanes von E. M. Foster, doch auch sonst ist der Film für all diejenigen lohnenswert, die einen dramatischen und historischen Film mögen, der Homosexualität zu einer Zeit thematisiert, in der darauf harte Strafen standen. Die Schauspieler, die perfekte Ausführung und die Details machen den Film zu einem Meisterwerk, den man immer wieder sehen kann.
Es empfiehlt sich zudem die Premium Edition zu kaufen, da hier neben dem Film und etliche Extras, wie Interviews, einige Kurzfilme von James Ivory und einer Featurette zum Film, auch entfallene Szenen enthalten sind, die fast 40 Minuten umfassen und etliche Szenen betreffen, die im Buch vorkamen und wichtig für die Handlung und das Verständnis sind. Daher lege ich jedem diese Edition ans Herz, da einige Abläufe und Hintergrundgeschehnisse hier einfach besser nachvollziehbar sind.


Wer historische Filme, Gesellschaftsdramen und Literaturverfilmungen mag, sollte sich „Maurice“ nicht entgehen lassen. Es ist eine sehr ansprechende und liebevolle Verfilmung des Klassikers von E. M. Foster. Der Film kann die Stimmung des Buches durchaus vermitteln, jedoch sollte man im Vorfeld das Buch „Maurice“ kennen, denn nur dann entfaltet sich wirklich die Tiefe und der moralische Anspruch. Zu empfehlen…

 

Titel:

Maurice
Produktionsjahr: 1987
Land: Groß Britannien
Genre: Drama, History
Dauer: 134 Minuten
Schauspieler: James Wilby, Hugh Grant, Rupert Graves, Ben Kingsley
Regie: James Ivory 
Preis: 17,99 Euro
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Bildcopyright:
Die im Zusammenhang mit diesem Artikel verwendeten Bilder und Coverscans unterliegen dem Copyright von James Ivory .