Ruf mich bei deinen Namen

 

Elio ist 17 Jahre alt und verbringt die Sommer in der großen Villa seiner Eltern in Italien. Diese geben jedes Jahr einem jungen Studenten oder Doktorant die Möglichkeit die Sommermonate in ihrem Haus zu verleben. Die Wahl des Sommergastes fiel dieses Jahr auf Oliver, einem Harvard-Absolventen, der Elio vom ersten Moment an den Kopf verdreht. Dennoch wagt er es jedoch nicht diesem seine Gefühle zu gestehen. Stattdessen testet er aus, wie nah er dem Schriftsteller kommen kann, ohne sich zu verraten, beobachtet ihn ausgiebig und versucht herauszufinden, was Oliver über ihn denkt. Es beginnt ein Spiel über Annäherung und Distanz, Verführung und Zurückweisung, gespickt mit Unsicherheit und Begehren. Denn gerade für Elio ist es die erste große Liebe und es fällt ihm schwer seine eigenen Gefühle und Gedanken im Zaum zu halten.
Doch auch als sich die beiden näher kommen, und Oliver auf das Hin und Her zwischen ihnen einsteigt, wird beiden bewusst, dass die sechs Wochen, die Oliver in Italien verbringt, nur von kurzer Dauer sind…

 

„Ruf mich bei deinem Namen“ stammt aus der Feder André Acimans, der mit einer sehr bildgewaltigen und poetischen Sprache über die erste Liebe und die damit vebundenen Probleme schreibt. Elio ist dabei Perspektivträger. Alles wird aus seine Sicht erzählt, so dass der Leser auch die Verwirrung des jungen Mannes hautnah miterlebt und einen tiefen Einblick in die Gefühlswelt des Protagonisten erhält. Trotzdem bleibt der Charakter unerwartet blass und nur schwer nachvollziehbar. Vielleicht liegt das an seiner Verliebtheit, den verqueren Gedanken, mit dem er sich beschäftigen muss, oder seine eigenen Unfähigkeit auf andere zuzugehen. Oliver ist in dieser Beziehung ähnlich, so dass es dem Leser schwer fällt den beiden Charakteren zu folgen. Das Spiel wird in die Länge gezogen, insbesondere da Elio bei seinen Erzählungen in den Zeitebenen springt, so dass man schnell den Überblick verliert. Es mangelt an Kontinuität und damit wird es schnell langweilig. Es passiert im Grunde sehr wenig und das was passiert wird dank Elios Gefühlschaos so durcheinander erzählt, dass man vieles nur schwer nachvollziehen kann. Der Handlungsbogen ist langatmig und unausgereift, die Charaktere entwickeln sich zwar, jedoch erst in dem Epilog, als Jahrzehnte vergangen sind und nicht während ihrer Beziehung.
„Ruf mich bei deinem Namen“ scheint, obgleich es eine sechswöchige Liebesgeschichte ist kein Anfang und kein Ende zu haben. André Aciman dreht sich immer um dieselben Probleme, so dass er kaum von der Stelle kommt.

 

Sprachlich ist der Roman wirklich gut. André Acimans Roman hat eine sehr ausgereifte, bildliche Sprache, die den Leser mitreißt und das sommerliche Italien hautnah erleben lässt. Auch die inneren Monologe Elios sind sehr gut umgesetzt (nur eben zu langatmig und als Stilmitte zu oft eingesetzt). Es gelingt ihm die Verwirrung der ersten Liebe, insbesondere da sie homoerotisch ist, sehr einfühlsam umzusetzen, ohne jemals zu romantisch oder kitschig zu werden. Zudem entsteht eine Geschichte, die sich nicht auf die Problematik Homoerotik konzentriert, sondern allgemein zwei verliebte Menschen ins Zentrum stellt, was er auch sehr oft dadurch unterstreicht, dass er nicht von Männern, sondern von Menschen spricht.

 

Insgesamt ist „Ruf mich bei deinem Namen“ Geschmackssache. Wer geradlinige Bücher und einen festen Handlungsbogen mag, sollte vielleicht erst einen Blick in das Buch werfen, bevor er es sich holt. Wer keine Probleme mit Symbolik, inneren Monologen und sehr langatmigen Szenen hat, und wer das Hin und Her von zwei Männern mag, die um sich herumschleichen, wie Katzen, dem wird Acimans Buch sicherlich gefallen. Sprachlich gibt es nicht viel zu meckern, doch wirklich viel Handlung sollte man nicht erwarten. Letztendlich ist es ein Werk über die erste Liebe, in dem der Leser die Verwirrung, das Begehren und die Verletzlichkeit aus Sicht eines jungen Mannes mitbekommt, die manchmal ein wenig zu schwer nachvollziehbar ist…

 

Titel:

Ruf mich bei deinem Namen
Autor: André Acimans
Genre: Drama
Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag, 2010
Preis: 9,90 Euro
ISBN: 978-3423138949
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