Nightrunner - Der Gott der DunkelheitNachdem die Spione Alec und Seregil die Hintergründe des Komplotts gegen Königin Idrilain erfolgreich aufklären und sogar noch das ein oder andere Geheimnis aufdecken konnten, kehrt ein unsicherer Frieden ein. Doch schon bald werfen die düsteren Vorboten des Krieges ihre Schatten voraus und die ersten Truppen werden an die Grenzen Mycenas entsandt, um die Vorstöße der plenimaranischen Truppen zurückzuschlagen. Unter ihnen befindet sich auch Beka, die Tochter von Micum Cavish, einem engen Freund von Seregil und Alec. Zur selben Zeit stoßen die beiden zufällig auf einen Verräter innerhalb der Stadt - der Schmied Rythel sabotiert die Eisentore des Abflusssystems von Rhiminee, doch um den Drahtzieher ausfindig zu machen, lässt man ihn mit seiner Arbeit fortfahren. Die beiden Spione überwachen den Schmied, können jedoch nicht Erfahrung bringen, für wen er arbeitet. Zudem wird Seregil von dem Magier Nysander auf eine äußerst geheime Mission in den eisigen Norden geschickt, um eine magische Krone zu bergen, an denen die Plenimaraner gesteigertes Interesse haben. Erst nach und nach erfährt Seregil, dass Nysander ein uraltes Geheimnis hütet, das mit einer Prophezeiung einhergeht, nach welcher eine Vierergruppe die Rückkehr des Gottes der Dunkelheit verhindern muss. Dabei spielt auch die Holzscheibe, die der Spion einst dem Plenimaraner Mardus gestohlen hat, eine gesteigerte Rolle. Als sich abzeichnet, dass nicht nur Nysander und Seregil bei der Prophezeiung eine Rolle spielen, sondern auch Alec von großer Bedeutung ist, weiht der Spion den Jungen ein. Doch für einen ausgeklügelten Plan ist es längst zu spät, da die Aktionen der Gruppe lange nicht so geheim sind, wie gedacht. Mardus und sein Totenbeschwörer Ashnazai sind ihnen schon lange auf den Fersen und nutzen ihre Chancen. Bei einem Überraschungsangriff auf das Oreska, die Festung der Magier, entführen sie Nysanders Lehrling Thero und überwältigen später Alec in der Herberge zum jungen Hahn. Beide werden auf Mardus Schiff geschleppt und sollen später bei einem Ritual dem Gott der Dunkelheit geopfert werden. Für Seregil beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Gemeinsam mit seinem Freund Micum, der in Nysanders Augen der Vierte innerhalb der Prophezeiung ist, nehmen die Beiden die Verfolgung auf … Der zweite Band der "Schattengilde"- Reihe setzt da an, wo "Das Licht in den Schatten" endete. Nahezu nahtlos wird die Geschichte fortgeführt, das Hauptaugenmerk liegt auf dem beginnenden Krieg, wodurch die Spionage- und Diebesszenen spätestens nach dem ersten Drittel den Kämpfen und Schlachten weichen müssen. Mit der Prophezeiung schlägt Lynn Flewelling nun stärker in die übliche Fantasy-Kerbe, was nur bedingt überzeugen kann. Die Hintergründe um die Prophezeiung und die vielen Seitenstränge sind zwar immer noch interessant, doch es ist schade, dass der Band zu einer klischeehaften "Gruppe-rettet-die-Welt"- Geschichte verkümmert. Sicherlich weiß "Der Gott der Dunkelheit" noch zu fesseln und Lynn Flewelling bemüht sich redlich den Handlungsverlauf ein wenig unkonventioneller zu gestalten, doch letztendlich verläuft der Bogen doch in den üblichen Bahnen. Zudem sind auch die Kampfszenen nicht ganz so fesselnd
geschrieben und mitunter verlaufen sie unlogisch. Eine Schlacht dauert
beispielsweise nicht mehrere Stunden an (das würde Mensch und Tier nicht
durchstehen), sondern endet zumeist nach kurzer Zeit, damit beide Parteien ihre
Toten bergen und Resümee ziehen können. Zudem fehlen mir auch diplomatische
Verhandlungen, die überhaupt nicht stattfanden. In diesem Zusammenhang wird auch
Beka Cavish, die eine eigene Turma anführt und tief hinter die feindlichen
Linien führt, immer unsympathischer, da sie zu sehr wie die strahlende Heldin
wirkt. Ihre Strategien sind oftmals nicht nachvollziehbar, ebenso bleiben
Reaktionen seitens der Plenimaraner auf Angriffe der Gruppe aus. Dadurch wirkt
der Krieg recht eindimensional. In dieser Beziehung fällt auch negativ auf, dass
die Plenimaraner erneut als "Die Bösen" dargestellt werden, ohne dass aufgezeigt
wird, wie die normale Bevölkerung denkt und handelt. Die Charaktere sind erneut der große Pluspunkt der Geschichte. Man spürt auf nahezu jeder Seite, wie sehr Lynn Flewelling ihre Figuren mag und wie gerne sie Seregil, Alec und deren Freunde in Szene setzt. Dieses Mal legt sie besonders großen Wert auf Letztere, so dass insbesondere Nysander mehr Spielraum bekommt, aber auch Micum, Beka und Thero immer wichtiger werden. Natürlich wird auch um die Hauptfiguren das ein oder andere Geheimnis gelüftet. So erfährt Alec beispielsweise mehr über seine Wurzeln und muss erkennen, dass er mehr mit dem Aurënfaie Seregil gemein hat, als ihm lieb ist. Zudem wird erstmals die Beziehung zwischen Seregil und Alec vorangetrieben, da sich Seregil in diesem Band in Alec verliebt und aus seiner Vorliebe für Männer keinen Hehl mehr macht. Dass die beiden für einen Teil des Buches getrennt werden, verstärkt diese Entwicklung nur noch. Wie schon im ersten Band ist es angenehm, wie natürlich die Beziehung zwischen den beiden dargestellt wird. Sie wirkt überhaupt nicht aufgesetzt, sondern passt sich dem Tempo der Geschichte an. Wirklich geklärt wird diese Thematik daher erst auf den letzten Seiten des Buches. Stilistisch bleibt sich Lynn Flewelling treu. Mit sehr viel Liebe zum Detail, Humor und Spannung setzt sie die Geschichte fort. Ihr Hauptaugenmerk liegt nach wie vor auf den Charakteren, wenngleich sie dem Buch mit der Prophezeiung einen festen Rahmen gibt. Im Laufe des Bandes verschwindet die lockere Art und passt sich der düsteren Handlung an. Wie bereits beim ersten Band sind die Perspektivwechsel ein großes Manko, doch daran gewöhnt man sich im Laufe der Zeit. Leider zieht sich der Mittelteil sehr, insbesondere die Szenen mit Beka fallen stark aus dem Rahmen und nehmen der Handlung den Schwung. Die deutsche Ausgabe von Bastei Lübbe ist ebenfalls seit geraumer Zeit vergriffen, ist jedoch was die Übersetzung anbelangt ein wenig solider als "Das Licht in den Schatten". Erstmals wurden die englischen Namen der Charaktere und Orte beibehalten, was zu Beginn für ein wenig Verwirrung sorgt, wenn man nur die deutsche Übersetzung des ersten Bandes kennt (da Charaktere urplötzlich andere Namen haben). Auch wirkt die Geschichte ein wenig flüssiger und besser strukturiert, doch insgesamt kommt auch diese Fassung nicht an das Original heran. Die vielen Wortwiederholungen und die verstärkten Rechtschreibfehler im letzten Dritten des Buches erschweren das Lesen. Mit "Der Gott der Dunkelheit" erschafft Lynn Flewelling trotz der Negativpunkte einmal mehr ein spannendes Buch, das die Geschehnisse um die Prophezeiung abschließt und mit der einen oder anderen Überraschung aufwartet. Die Charaktere sind einmal mehr der große Pluspunkt der Reihe, ebenso die Mantel und Degen - Atmosphäre, die zu Beginn der Geschichte herrscht. Wer "Das Licht in den Schatten" mochte, wird an diesem Band nicht vorbeikommen, insbesondere solche, die wissen wollen, wie es zwischen Seregil und Alec weitergeht. Wer ungewöhnliche Charakterfantasy mag und über das schwarz/weiß-Denken der Autorin hinwegsehen kann, sollte zugreifen. Es lohnt sich, der Serie eine Chance zu geben …
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