Interview- Olga Rogalski

Name: Olga Rogalski

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Kunstform: Zeichnen, Manga

Veröffentlichungen:  

In chronologischer Reihenfolge:
- Die Robofischentführung (Manga Fieber 2, Tokyopop)
- Triple Witching Hour (Tokyopop)
- Strike Back (Carlsen Manga)
- Tränen eines Engels (Tokyopop)

 

Hallo Olga. Danke, dass du dir Zeit nimmst kurz Fragen für LaD zu beantworten. Stelle dich doch bitte zunächst kurz vor.
*den Lesern zuwink* Ich heiße Olga, bin knapp 26 Jahre alt und zeichne seit dem Frühling 2005 Manga für Verlage. Außerdem studiere ich zur Zeit Modernes Japan, sowie Kommunikations- und Medienwissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und mache in meiner Freizeit ein Fernstudium in Multimediadesign.


Wie bist du zum Zeichnen gekommen?
Ich hoffe, es ist in Ordnung, wenn ich im Rahmen dieses Interviews ein paar Informationen verrate, die normalerweise aus Platzgründen nie in ein Interview reinkommen würden. Eigentlich habe ich als Kind ganz gut gezeichnet, aber im Alter von 9 Jahren bekam ich von einem Mädchen in meiner Klasse (die alle für ein zeichnerisches Genie hielten, obwohl sie eigentlich nur abgezeichnet hat) gesagt, meine Zeichnungen seien Papierverschwendung. 

Damals war ich sehr gutgläubig und ich habe die Worte ernst genommen und viele Jahre lang kaum mehr gezeichnet (bis auf den obligatorischen Kunstunterricht, wobei ich keine guten Erinnerungen an ihn habe). Je älter ich wurde, desto öfter fand ich die Gelegenheit, wieder den Stift in die Hand zu nehmen. Etwa im Alter von 16 entdeckte ich für mich die japanischen Zeichentrickserien wieder, die ich noch aus meiner Kindheit in Russland kannte. Ich fing dann ab und an Sailormoon-Motive abzuzeichnen und war überrascht, wie leicht es mir fiel. Ab und zu versuchte ich auch eigene Motive. Einige Zeit später wurde ich auf eine Clubvorstellung in der AnimaniA aufmerksam, es ging um den japanbezogenen Club Kodomo no Yume. Es hörte sich spannend an, also trat ich bei. Durch den Club hatte ich einige total liebe Leute kennengelernt und vor allem ein Mitglied hatte in meiner zeichnerischen Entwicklung eine große Rolle gespielt. Sein Name war SMaz und zu einem großen Teil habe ich ihm meine zeichnerische Karriere zu verdanken. 
Er war derjenige, der meinte, ich hätte zeichnerisches Talent und er war auch derjenige, der mich auf die Idee mit Verlagsarbeit brachte (wobei ich die Idee damals als unmöglich abgewinkt habe). Etwa zu der Zeit nahm ich an der Aufnahmeprüfung auf der Fachoberschule für Gestaltung in Augsburg teil und bestand sie. Von da an habe ich angefangen, wie besessen zu zeichnen. Kodomo no Yume habe ich viel zu verdanken, denn meine ersten Bilder veröffentlichte ich in dem Clubheft. Negative Erfahrungen gab es auch - es gab ein Mädchen, dass mich heftigst angefeindet hat und erreichen wollte, dass ich für den Club nichts mehr zeichne. Es ging sogar soweit, dass sie mich mit Briefen terrorisiert hat. Sie war mit ein Grund, warum ich mir noch mehr Mühe gab. Nachdem ich das Zeichnen einmal aufgegeben hatte, wollte ich es mir nicht nochmal durch jemanden vermiesen lassen. Da reagiere ich lieber mit Humor. Das ist etwas, was mir auch heute hilft, wenn ich mit Leuten umgehen muss, die mich oder meine Werke fertig machen wollen. Meistens scheint sie mein Humor allerdings zu irritieren. Verständlich, denn sie haben nicht den blassesten Schimmer, dass sie mich durch ihre Anfeindungen nur noch mehr anspornen. XD (Tut mir leid für die ausführliche Antwort, aber es musste sein!)


Hast du Vorbilder, was das Zeichnen betrifft?
Oh ja! In meiner zeichnerischen Entwicklung wurde ich von folgenden  Zeichnern beeinflusst: Kouyu Shurei, Hiroyuki Utatane, Satoshi Shiki und Azumi Tohru... *O*


Gibt es für die Charaktere deiner Geschichten auch reale Vorbilder?
Teils, teils. Manchmal baue ich eigene Erfahrungen oder die Erfahrungen von Menschen aus meiner Umgebung in die Geschichten ein, aber es ist schwer zu sagen, dass in Charakter komplett auf einer Person basiert. Auch wenn mein Stiefbruder letztens deklarierte, dass er sich in Demien erkannt hat. XD


Wieso zeichnest du in Richtung Yaoi/Shonen-Ai? Was ist der Reiz einen Manga dieses Genres zu machen?
Ich finde das Genre sehr faszinierend. Es erinnert mich immer an eine Begebenheit aus meiner Jugend. Es gab in meinem Bekanntschaftskreis einen Jugendlichen (damals war er 18), der sich eines Tages geoutet hat. Ich muss sagen, dass ich ihn bis dahin kaum gekannt habe, wenn man von dem unglücklichen Zusammentreffen meiner Nase mit seinem Oberarm auf einer Wasserrutsche im Freibad absieht. Nachdem wir die Blutung stillen konnten, haben wir noch den halben Tag herumgealbert. Als er dann gehen musste, kam ein Freund auf mich zu und fragte mich, warum ich so frei mit ihm umgegangen bin. Er sei doch schwul. Und während er weiter zeterte, für wie cool er den Typen vorher gehalten hatte, bevor er sich als ein Schwuler offenbarte, habe 
ich mich gefragt, was es denn so schlimmes gewesen ist, dass der arme Kerl verbrochen hatte. Ich war 14 und wusste nicht, was das Wort bedeutet. Also kam ich nach Hause und fragte meine Mutter. Sie hat mich dann über Homosexualität aufgeklärt. Und dann habe ich geweint, weil mir der Junge so leid getan hat. Als Homosexueller hat man es in einer kleinen Stadt echt nicht leicht, umso mehr beeindruckte mich sein Mut, es offen zuzugeben. Ich hätte es ihm gerne gesagt, aber ich habe ihn nie wieder gesehen, da er kurze Zeit danach weggezogen ist. Ich bin meiner Mutter sehr dankbar, denn bei der Gelegenheit sagte sie mir noch, dass falls ich eine Vorliebe für Frauen entdecken sollte, ich es ihr ruhig erzählen könnte. Sie würde es verstehen und gutheißen. Das hatte nicht nur mein erwachtes Interesse an dem Thema Homosexualität gestärkt, sondern jegliche Angst genommen, mich eines Tages outen zu müssen.


Und als ich dann die Shonen-Ai-Manga für mich entdeckte, war ich begeistert! 
Als ich dann anfing, selber Manga zu zeichnen, war es eins der Genres, die ich ausprobierte. Heute bin ich allerdings froh, dass meine alten Versuche keinen Weg zur Veröffentlichung gefunden haben. Denn damals war ich erzählerisch noch lange nicht reif genug dafür. Aber jetzt habe ich endlich das Gefühl, so weit zu sein und finde, TeE ist mir gut gelungen.


Liest du privat auch Shonen-Ai Mangas oder hast du andere Genres, die du bevorzugst?
Ich lese auch privat gerne Shonen-Ai Manga. Ich hör zwar von einigen Leuten ständig zu hören, es handle sich nur um eine Phase........... aber bei mir gehört es einfach dazu. Ich muss sogar sagen, dass seit ich studiere, meine Zeichnungen immer heftigere Auswüchse annehmen. Das kommt wohl, wenn Leute zusammentreffen, die die gleiche Leidenschaft teilen. Die vermehrt sich 
dann. X3 Ich mag aber auch andere Genres. Zum Beispiel Manga, in denen geschichtliche Ereignisse aufgegriffen wurden. Comedy und Mystery sprechen mich auch an. Und auch Drama wie Subaru liebe ich.


Hast du auch Interesse daran andere Richtungen einzuschlagen (Shojo, Fantasy etc)?
Sicherlich! Es haben sich im Laufe der Zeit so einige Plots angesammelt, die nur darauf warten, umgesetzt zu werden. Und einige davon sind in den oben genannten Genres angesiedelt.


Wie schnell zeichnest du? Wie lange brauchst du für eine Mangaseite oder für eine Illustration?
Es kommt auf den Detailreichtum an und auch darauf, ob es eine Deadline gibt. Es ist auch wichtig, wie groß der Druck ist. Wenn die Möglichkeit besteht, versuche ich mich mit meinen Arbeiten viel Zeit zu lassen, aber wenn etwas schnell gehen muss, dann macht man schon mal ein Kapitel in 2 Wochen. Allgemein kann man bei den Sachen für den Verlag nur sehr schwer sagen, wie lange man für eine Seite braucht. Man macht die Seite ja nicht komplett fertig. Ich zeichne zum Beispiel gleich das gesamte Kapitel vor, scanne es ein und sende es an meinen Redakteur. Er schickt mir dann Verbesserungsvorschläge und die setze ich um. Erst wenn ich grünes Licht von ihm bekomme, darf ich mit dem Inken und Rastern anfangen. Dadurch zieht sich die Arbeit etwas in die Länge. Was Illustrationen angeht, so kommt es stark auf das Format, die Materialien und den Detailreichtum ein. Ich hatte schon mal die Situation, bei der mir um 7 Uhr abends mitgeteilt wurde, man hätte 
gerne bis spätestens 9 Uhr morgens eine Illustration für Promotionzwecke.


"Tränen eines Engels" ist ja schon deine 3. Veröffentlichung. Wolltest du schon vorher einen Yaoi-Manga zeichnen, oder hast du dich erst jetzt daran gewagt?
Gute Frage. Denn beim Verlag habe ich mit ganz anderen Sachen angefangen. Viele Leute wissen aber nicht, dass ich vor der Verlagsarbeit gerne Shonen-Ai-Dojinshi gezeichnet hatte. Ich hatte mich sogar mit einigen Shonen-Ai-Projekten bei Verlagen beworben, wurde aber nicht genommen. Ich schätze, es lag an meinen mangelnden Fähigkeiten zu der Zeit. XD Eine Geschichte durch Bilder zu erzählen ist doch schwieriger, als man denkt.


Wie bist du auf die Idee zu „Tränen eines Engels“ gekommen? Gab es irgendeinen Grund, weswegen du die Geschichte begonnen hast?
Ich wollte endlich mal eine BL-Geschichte zeichnen. Die Ironie war allerdings, dass die Geschichte ursprünglich Comedy werden sollte. Die Idee mit dem Todesengel hatte ich, als ich am Bahnhof neben einem Bahngleis einen schwarzen Flügel gefunden hatte. Es war merkwürdig, da es nirgendwo Blutspuren gab. Ein spontaner Gedanke war - Todesengel! Es war mir einfach in Erinnerung geblieben. Als ich dann aber an die Ausarbeitung des Projektes ging, schlug mein Redakteur mir vor, ich solle daraus ein Drama machen. Nachdem ich darüber nachgedacht hatte, fand ich, dass er recht hatte.


Welche Beweggründe haben die Charaktere?
Die beiden Charaktere finden sich in einer ziemlich ungünstigen Position. Wäre Nicolas nicht zum Tod verdammt, hätte er Chagan nicht getroffen. Hätte sich Chagan nicht in ihn verliebt, hätte er Nicolas nicht gerettet. Aber obwohl sich die beiden lieben, so wissen sie, dass sie keine Zukunft haben. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit und ein Kampf gegen das Schicksal, bei dem sie nur verlieren können. Es stellt sich also die Frage - wenn man nicht lange zu Leben hat, was tut man dann? Was würde jeder von uns tun?


Mit welchem Charakter kannst du dich am ehesten identifizieren?
Mit Nicolas. Ich selber bin auch ein Kopfmensch, aber wenn es um Sachen wie Liebe geht, fliegt die Logik gerne mal aus dem Fenster. In der Liebe macht man häufig Fehler und trifft Entscheidungen auf emotionaler Basis.


Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Tokyopop? War das Zufall, oder hast du dich gezielt beworben?
Es war eher das Resultat eines hartnäckigen "Stalkings". Im Laufe der Jahre habe ich meinem jetzigen Redakteur immer wieder Projekte vorgestellt und war ein bisschen wie Kyoko aus Skip Beat. ^^; Letztendlich entschied man sich, mir eine Chance zu geben und nun bin ich hier.


Planst du in näherer Zukunft weitere Shonen-Ai Comics, vielleicht sogar in Form einer längeren Mangareihe?
Schon möglich. In erster Linie wäre ich aber an der Fortsetzung von Tränen eines Engels interessiert, denn ich möchte die Story nicht dabei belassen. Aber auch an anderen Storyideen fehlt es mir nicht.


Wie eng ist die Zusammenarbeit mit einem Verlag? Hast du Freiheiten beim Zeichnen, oder musst du dich eng an die Vorgaben der Redakteure halten?
Sagen wir es mal so, es ist keine Pflicht, die Vorgaben meines Redakteurs zu befolgen, ABER ich mache es gerne. Ich habe vollstes Vertrauen in meinen Redakteur und er bringt mich auch häufig auf Ideen, auf die ich sonst vielleicht nicht gekommen wäre. Ich sehe es also nicht als Einschränkung, aber als einen Weg, mich weiter zu entwickeln.


Was machst du in deiner Freizeit? Zeichnest du nur, oder gehst du auch anderen künstlerischen Tätigkeiten nach (z. B. schreiben)
Wenn ich mit meinen Sachen für das Studium fertig bin, zeichne ich oder lese Bücher. Ich finde es herrlich, die Universitätsbibliothek ganz in der Nähe zu haben, zumal die Bibliothek in der Stadt, in der ich früher gelebt hatte, gerade mal etwas größer war, als ´ne Garage. Durch die Arbeit am Manga bin ich außerdem dazu gekommen, Bücher über das kreative Schreiben zu lesen und ich arbeite auch an einer Geschichte in reiner Schriftform. Ich habe jedoch nicht vor, sie jemals zu veröffentlichen. Es dient ausschließlich meiner eigenen Unterhaltung.


Wie sind deine Pläne für die Zukunft?
Ich will mein Studium und meine Arbeit beim Verlag gut unter einen Hut bringen. Alle anderen Pläne zu beschreiben würde nicht nur zu viel Zeit und Platz einnehmen, sondern auch zu viel an zusätzlichen Erklärungen benötigen. 
^^;


Vielen Dank für das informative Gespräch.

 

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