Nach der Hölle links
Drei
Jahre sind nach dem unglücklichen Ausgang von Saschas und Andreas Beziehung
vergangen. Andreas hat sich unterdessen einen Weg aus dem goldenen Käfig
erkämpft, in den ihn seine Krankheit gesperrt hat. Trotz der kleinen Erfolge und
eines Lebens in seinen eigenen vier Wänden ist sein Tag straff organisiert – von
der Arbeit im Tierheim, über die Einkäufe und kleinen Spaziergänge, bis hin zu
seinen regelmäßigen Treffen mit seinem Therapeuten Dr. Köninger. Als die jungen Männer eines Abends in einer Kneipe aufeinandertreffen, stürzt die kurze Begegnung beide in ein wahres Gefühlschaos. Sascha will den Kontakt zu Andreas unbedingt wieder aufleben lassen, selbst wenn sie sich nur als Freunde näher kommen, während Andreas alles daran setzt, seinen Ex aus seinem mühsam aufgebauten Leben auszuschließen. Doch das ist gar nicht so einfach, denn auch er hegt noch immer tiefe Gefühle für Sascha … Mit „Nach der Hölle links“ führt Raik Thorstad die Geschichte von Andreas und Sascha endlich weiter und bringt sie zu einem überzeugenden und in sich schlüssigen Ende. Der zeitliche Sprung von drei Jahren tut dem Roman gut, da der Autor darauf verzichtet die Krankheitsgeschichte seines Protagonisten in all ihren schillernden Facetten auszuwalzen. Somit werden der Klinikaufenthalt, die vielen Therapiestunden und die Rückschläge nur angeschnitten und rückblickend erzählt, was sicherlich der richtige Schritt war. Es erspart dem Leser einen Krankenbericht, der eher in ein Sachbuch oder in eine Biografie gehört hätte.
Die Geschichte an sich ist trotz einiger längerer Passagen durchaus spannend und
zeigt deutlich, dass es bis zur Heilung einer solchen Krankheit ein weiter Weg
ist. Raik Thorstad beschönigt nicht und man merkt deutlich die autobiografischen
Züge, die beide Romane aufweisen und dafür sorgen, dass der Autor eine sehr
überzeugende und gut nachvollziehbare Geschichte erzählt. Er berichtet sehr
plastisch und intensiv von Andreas’ Kampf und seinen Problemen, ein normales
Leben zu führen. Dabei wird nicht nur auf die Krankheit Agoraphobie eingegangen,
sondern auch den weiterführenden Schwierigkeiten in Andreas’ Leben einen Platz
gegeben: die Probleme mit seinen Eltern, insbesondere als seine Mutter ins
Krankenhaus kommt, seine Gefühle für Sascha, die ihm Angst machen und sein
allmähliches Ausbrechen aus dem Käfig, teils aus eigener Kraft, teils mit
Saschas Unterstützung.
Gut gelungen ist auch die Charakterentwicklung von Andreas und Sascha. Beide
haben sich im Vergleich zum ersten Band weiterentwickelt und gerade Andreas legt
in „Nach der Hölle links“ noch mal einen ordentlichen Sprung hin. Als Leser ist
es faszinierend mitzuerleben, wie er sich verändert und aus seinem Kokon
ausbricht. Die vielen Rückschläge sind zwar manchmal etwas zu viel, aber sie
passen dennoch zur Geschichte, da es logisch ist, dass eine Heilung nicht von
heute auf morgen möglich, und Andreas’ Vertrauen ebenfalls nicht von jetzt auf
gleich wiederhergestellt ist.
Stilistisch hat sich Raik Thorstad weiterentwickelt und spürbar gesteigert. Er
hat ein Händchen für Szenerien, Dialoge und sehr blumige, abwechslungsreiche
Beschreibungen, so dass es nur selten langweilig wird. Sein Schreibstil ist wie
gewohnt detailliert und seine Wortwahl ausgezeichnet. Das Buch liest sich
flüssig und es gibt kaum Passagen, über die man stolpert. Lediglich beim Umfang
des Romans hätte man ein wenig einschränken können, denn es gibt durchaus einige
Szenen, die sich in die Länge ziehen. Mit „Nach der Hölle links“ legt Raik Thorstad eine überzeugende und in sich stimmige Fortsetzung seines Romans „Leben im Käfig“ vor. Die Geschichte ist trotz einiger Längen spannend und in sich logisch, die Charaktere sind ebenfalls gut nachvollziehbar und realistisch. Zusammen mit dem bildgewaltigen Schreibstil ist „Nach der Hölle links“ ein lesenswerter Roman, der sich angenehm aus der breiten Masse der Gay-Veröffentlichungen heraushebt. Zu empfehlen. "Like a Dream" bedankt sich beim Incubus Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
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